Supermarkt

Peter Hagenfroh war tieftraurig, spülte seinen vertränten Augen mit Eistee, die ihn die Besitzerin des Nagelstudios zur Kühlung gab. Lieber Leser, du musst die Folge davor lesen.

Es gab eine neue Realität. Real war nicht. Real war, dass der Supermarkt geschlossen wurde. Dort hatte Peter sich als Wurstfachverkäufer hochgearbeitet. Real war auch, die Fleischvergiftung, die sein Sohn bekam, weil er zuviel Bärchenwurst ass. Real war auch seine Kündigung.

Peters Kollegin Olga – Pickerin

Der neue Konzern musste umstrukturieren und Peter Hagenfroh war in der Fleischertheke zu teuer. Er könne doch die Fleischwaren in Vakuum-Verpackungen umfüllen und die Tiefkühlsachen verwalten, aber das wollte der neue Konzern nicht. Es war den Chefs aufgefallen, dass die billige Mortadella, die den Kunden zur Kundenbindung gegeben wurde, heimlich abends von ihm mit nach Hause genommen wurde, auch wenn sie schon einen grünlichen Glanz hatte. Es war den Chefs auch aufgefallen, dass der Umsatz nicht stimmte. Peter Hagenfoh verkaufte den Kunden nicht mehr als sie wollten, sondern immer nur das, was sie wirklich wollten oder brauchten.

Deswegen war der alte Supermarkt pleite gegangen. Peter war schuld.

Es sollte eine neue Strategie her. In die alte Welt der Fleischfachverkäufer passte er nicht mehr hinein. Zur Kündigung kam der Straßenlärm, weil in seiner Straße in offener Bauweise 245 Kastenprofile eingebaut, zwei Verkehrsadern mittels Bergbautechnik untertunnelt und zigtausende Kubikmetern an Erdmasse bewegt wurden. Die Lutter, ein reißender Fluss in Bielefeld sollte freigelegt werden.

Ein Prestigeobjekt der rot-grünen Regierung. Zudem rief auch noch der Kindergarten an. Sein Sohn Theodor müsse abgeholt werden, weil Corona im Haus war. So fuhr er in trauriger Wehmut am alten Supermarkt vorbei. Er war in einem historischen Gebäude untergebracht. Eigentlich müsste da ein Museum einziehen, aber was sah er?

Eröffnung des neuen Supermarktes in vierzehn Tagen. Picker gesucht !!! War das seine Chance? Sollte er vielleicht doch dort eine neue Persepektive bekommen? Er würde auch Babywindeln sortieren oder Haarpflegeprodukte und vielleicht würde die hübsche Olga Swatkolow auch wieder dort sein. Olga arbeitete in der Kinderabteilung und passte manchmal am Samstag auf seinen Sohn auf, wenn er keinen Babysitter hatte. Dann spielte Theodor in der Spielzeugecke. Vielleicht hatte der neue Supermarkt ein neues Kinderzauberland mit Bällebad. Aber was war ein Picker? Pickte er die Bälle aus dem Bällebad, die mit Coronaviren verseucht wurde waren heraus? Was macht ein Picker? Pickt er den Müll vom Parkplatz auf? Oder die Rosinen aus dem Kuchen?

Zum Personalgespräch kam er in seiner historischen Fleischertracht. Aber das war total falsch. In dem neuen Supermarkt der Zukunft werden keinen Kunden mehr sein. So sagte man ihm das. Kunden machen Ärger, sind lästig, brauchen Parkplätze und Kassiererinnen. Das geht heute auch anders. Wenn man nun die ganzen Gänge enger zusammenstellt, dann braucht man Picker. Die Kunden bestellen im Internet und dann bekommst du auf als Picker auf dein Handy die Bestellliste des Kunden und pickst du gewünschten Produkte aus den Regalen und packst sie in Kartons. Für jede Bestellung hast du als Picker genau 6,30 Minuten Zeit. Dann muss die Ware im Auto sein.  Und Picker wurden gebraucht. Wo war der Charme der Mortadella-Wurst, wo die morgendliche Lektüre des Marktprospektes? Die Arbeitszeiten hatten sich auch geändert. Nun ging es rund um die Uhr. Sogar nachts. Sollte Peter Hagenfroh Picker werden?  Er wusste es nicht. Er wollte Mortadella verschenken und Bärchenwurst verkaufen. Er hatte eine Woche Bedenkzeit. Nun freute er sich erst einmal, dass die Lutter in seiner Straße freigelegt wurde und nun sollte ein Straßenfest gefeiert werden. Sein Kollegin Olga sollte auch kommen.

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