Ich liebe es mit dem Rennrad den Jostberg hochzufahren. 1498 wurde das Jostbergkloster von Franziskanern gegründet, jedoch schon 1511 aufgrund von Schwierigkeiten bei der Wasserversorgung und wegen der zu großen Entfernung zur Stadt an den heutigen Klosterplatz in die Altstadt verlegt. Das Gebäude am Jostberg, von dem heute nur noch die Grundmauern erhalten sind, war bereits in der Mitte des 16. Jahrhunderts verfallen. Komischerweise finde ich auf dem Weg immer Steinchen. Sollte ich anhalten und nachsehen, ob sich Spuren mittelalterlichen Lebens darin verbergen? Nun ist bald Pfingsten. Geburtstag der Kirche, oder besser einer Bewegung. DIE Kirche gibt es ja nicht, es ist eher eine Bewegung. Es gab sogar die Bikonfessionellen. Jedenfalls in Bielefeld. 1542 wurde in Bielefeld die Reformation eingeführt, da gab es aber eine kleine Schar von Katholiken, die dann im Herzen Bielefelds seelsorgerlich betreut wurden. Etwas später, im Jahr 1612 gab es in Bielefeld ein großes Erdbeben und einige Zeit später wurde die Sparrenburg von holländischen, spanischen, schwedischen und französischen Truppen besetzt. Komisch, davon ist Bielefeld nix mehr zu spüren. In Köln waren ja auch Allerweltsbesetzer und haben das Stadtbild und das Lebensgefühl mitgeprägt. Aber in Bielefeld? Hier ist man stur, hartnäckig und absolut beständig. Aber zurück zum Fahrrad. LEGO, Freundin von L.Credi Grundschullehrerin aus Jöllenbeck hat ein E-Bike. Natürlich nicht so ein High-Bike wie ich es habe. LEGO war Lipperin und die sind sparsam. Manche sagte auch geizig. So kaufte sie beim Discounter El-DAI zur Weihnachtszeit zwei Bikes für den Preis von einem Fahrrad. Was sie mit dem zweiten Rad sollte, wusste sie auch nicht, aber man weiß ja nie.
LEGO checkte den Akku. Mit der Batterieleistung würde sie gerade bis zu den Extersteinen kommen. Von da könnte sie dann mit dem Zug zurückfahren. Das machten doch alle. Es war schon der 4.6. und vom Neun-Euro Ticket waren also schon drei Tage ungenutzt. Dreimal dreißig Cent. Puh… für eine Lipper schon ein krasser Geldverlust. Sie radelte also zu den weltberühmten Steinen, genoss den Tag in der Sonne und machte sich auf zum Bahnhof. Sie hatte gut geplant. Im Akku war noch Saft, um vom Bahnhof Lemgo in die hiesige Schloßallee zu kommen. Aber als sie zum Bahnhof kam, geriet sie in Schockstarre. Stand da doch recht groß: „ Aufgrund des großen Andrangs werden nur genau zwei Fahrräder transportiert!“ Au weh! Und da standen dutzende Pedalieros, die in die Heimat wollte. „Haben Sie denn nicht reserviert?“, frage der Ortbahnhofsvorsteller Peter Happel, als er LEGO weinen sah. „Bei mir bekommen Sie eine Reservierung, aber die sind bis zum 3.Oktober ausgebucht!“

LEGO wollte dem Mann fünfzig Euro in die Hand drücken, um mitfahren zu können, aber Peter Happel war Staatsdiener und war sich bewusst, dass Vorteilsnahme im Dienst in den Knast führt. „Fahren Sie nach Altenbeken weiter“, empfahl Peter Happel. Dort fahre eine private Bahn. Die Mitarbeiter verdienen nicht so viel und sind vielleicht für ein kleines Zubrot dankbar. Bis Altenbeken waren es aber noch einmal fünfzehn Kilometer durch fichtentoten Wald bei 8% Steigung. Was sollte LEGO machen? Ohne Motor nach Hause fahren? Nach Altenbeken radeln? Ihr Fahrrad verkaufen und in der Holzklasse reisen?
Verzweifelt rief sie mich an. Ich war gerade auf meine täglichen 50 km Hausroute am Wasserschloss Brinke mit dem Biobike. Was sollte ich ihr raten?
