Eine feste Burg

Fünf Ostwestfalen und eine Person aus Ludwigshafen – Ost machten sich auf zum Familienwochenende. Wir tauschten die Sparrenburg gegen die Wartburg, die wir aber nur von der Ferne gesehen hatten, weil am Himmelfahrtsfreitag noch mehr Menschen auf diese Ideen kamen. Neben den fehlenden Parkplätzen schreckte uns eine Bergwanderung und eine Wagenladung Chinesen ab, den berühmten Tintenfleck von Luther im Studierzimmer Nr.5 zu bewundern. Da lobe ich mir doch die Sparrenburg, die mit ihren drei Zinnen oder drei Zacken nicht nur megalangweilig war, sondern auch nun im Zentrum der 1.Bielefelder Biermanufaktur stand. Abendrot und Flutlicht hießen zwei lokale Biere, die auch auf dem Leinewebermarkt ausgeschenkt wurden. Johannes Gutknecht, 1.Leineweber Bielefelds aus Jöllenbeck war bereits 169 Jahre alt. Jedes Jahr kam er mit Pfeife, Kiepe und Holzpantoffeln in die Altstadt Bielefelds und eröffnete mit einem lauten Rülpser das traditionelle Stadtfest. Dieses Magengeräusch kommt zustande, wenn man viel ostwestfälischen Wurstebrei mit Steinhäger mischt. Möppkenbrot und Pumernickel sind andere Köstlichkeiten und beim Bier konnte man immer zwischen Paderborner und Herforder wählen. In meinem Keller landete nie Paderborner Pilsener. Lag es daran, dass dies im Bahnhofsshop selbst in Bestlagen der Städte Deutschland für einen Euro über den Ladentisch ging? Oder daran, dass es Hektoliter Weise auf dem Kesselbrink verzehrt worden? Für drei Flaschen Paderborner bekam man ein Bielefelder. Ob sich das durchsetzt? Veronica Hermanns, Betreiberin des Jahnplatztunnelbüdchens aber war so glücklich über den diesjährigen Leinewebermarkt, denn sie bot an ihrer Location das Neu-Euro-Ticket für 9.99 Euro an. Die Käufer sparten sich das Anstehen am Automaten und Veronica nahm im Minutentakt 0.99 Euro ein. Was einen Stundenlohn von 59.60 Euro entsprach. Steuerfrei. Neben der Kirmes konnten sich auf dem Leinewebermarkt lokale Tanztruppen, Blockflötengruppen oder auch heimische Schuhplattlergruppen präsentieren. Es wurde sogar ein Simultanschach angeboten. Auch Grundschullehrerin L.Credi war dabei. Sie präsentierte ihren Schüler Peter Zabel. Peter war ein Naturtalent. Er konnte sich am Ellenbogen lecken, aus dem Nichts einen 11.Finger daherzaubern und sämtliche Bielefelder Stadtteile in ihrer Silluette und am Duft erkennen. Stadtteile duften. Das wissen die wenigsten. Aber Peter Zabel wusste es am allerbesten. L.Credi hatte in Coronazeiten einen Streichelzoo für auszusterbende Hamster eröffnen. Dieser Geruch aus Stroh und Fäkalien waberte unter Umständen bis nach Ummeln und so so konnte Peter Zabel den Ortsteil Jöllenbeck am Geruch und an der aus Balsaholz geschnittenen Holzform erkennen, als er auf dem Bunnemannplatz neben L.Credi stand und mit roten Backen und Herzklopfen auf die Frage des lokalen Moderators „Jöllenbeck“ schrie. Er bekam den goldenen Leineweberlöffel, mit dem er freien Eintritt auf allen Fahrgeschäften hatte. Leider musste er den Leineweberlöffel an Wolfram Flaschentey abgeben. Dem Schläger der Schule, der in der dunkelsten Ecke der Schiffsschaukel ihm auflauerte. Peter Zabel war mit seiner Inselbegabung und seinen Sommersprossen nur bei den Mitschülerinnen Hatice und Shelan beliebt. Die Jungen mochten ihn nicht und somit hatte es wenig Sinn, sich gegen Wolfram Flaschntey aufzulehnen. Und L.Credi wollte er nicht fragen, streichelte sie ihm dann immer über den Schopf, was er zutiefst hasste.

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