
Bielefeld ist in Aufruhr.
Letzte Woche wurden in Bielefeld Nussknacker für 3,99 Euro verkauft. Nachdem tausende Leser hier den Bericht vom Schnitzer Thorsten Ratavow gelesen hatten, der die erzgebirgische Kunst nach Bielefeld bringen wollte, stieg die Nachfrage und der hiesige China-Discounter erhöhte die Preise um sagehafte 100 ct. Der Nussknacker war der Vorgänger von Pinocchio. Das weiß aber nur Gepettos Erfinder. 1881 veröffentlich der Schriftsteller Collodi „Le Avventure Di Pinocchio: Storia Di Un Burattino“ – Geschichten eines Hampelmanns als kleine Fortsetzungsgeschichte mit der Holzfigur Pinocchio Die Serie wurde damals so populär, dass Collodi 1883 beschloss, ein Buch daraus zu machen. Und in der 2.Folge, die am 13.10.1881 in Italien erschien, schnitzte Gepetto einen Nussknacker. Das Stück um den frechen Jungen mit seinem Vater wurde seit Wochen im Bielefelder Stadttheater gespielt. Ariadne war Fidelistin in diesem Musikantenstadl. Und Weihnachten war Hochsaison im Schauspielhaus. Mit ihrem Cello musste sie jeden Tag zur Probe. Sie hatte sich einen eigenen Fahrradkorb für das monströse Gerät gebastelt und hatte einen Bosch-Akku. Damit konnte sie den hässlichen Jahnplatz schnell überqueren und alle Fußgänger hatten Respekt, wenn sie mit der Fidelkiste angebraust kam. Jetzt ist der Jahnplatz einhundert Tage alt. Er war schäbig, dreckig und chaotisch. Dabei fing doch alles ganz anders an. Seinen Namen bekam der Jahnplatz am 18. Oktober 1861 als die Bielefelder Turnerschaft auf dem freien Platz eine Eiche pflanzte. Ein Baum auf dem Jahnplatz ! Zwei Jahre (1863) später spendeten die Turner eine Jahn-Büste. Keiner weiß, wo diese Büste steht. Oder steht sie nicht in der Passage unter dem Platz ? Jährlich fand auf dem Jahnplatz rhythmische Sportgymnastik statt. Einmal im Jahr veranstalten die Turner ihren Stadtlauf, an dem auch alle innerstädtischen Schulen dran teilnahmen. Der dienstälteste Schuldirektor hatte die Ehre mit einem Banner und dem Konterfei von Turnvater Jahn voran zu laufen. Als später es mehr Autos gab, wurde der Stadtlauf an die Sparrenburg verlegt und bildete so den Beginn der berühmten Hermannsläufe.

Achtung! 1883 Bielefeld – Jahnplatzbüste und 1883 Italien – die Geburt vom Pinocchiobuch. Deswegen soll der Jahnplatz zu einer italienischen Piazza umgestaltet werden. Es lebe der europäische Geist. Das leuchte Ariadne ein. An das musste Ariadne denken, als sie mit ihrem Fahrrad die Rüpel am Cafe Europa überfuhr, die es nach nächtlichem Alkoholkonsum nicht mehr schafften, auf den Beinen zu stehen. Es gab ja auch kaum Sitzplätze. Der Jahnplatz verdient seinen Namen nicht mehr. Hier wird nicht mehr geturnt. Das dachte Ariadne und musste sich die Nase zu halten, weil mal wieder ein Bus seinen Rußfilter nicht richtig eingestellt hatte. Der Jahnplatz sollte zum Omnibusplatz umbenannt werden. In den nächsten Jahren sollen dort täglich bis zu 1200 Busse halten. Das sind an einem 24 Stunden Tag mehr als 1,2 Busse pro Minute. Jeder weiß, wie es an Busbahnhöfen oder Hinterausgängen so mancher Hauptbahnhöfe aussieht. Kein Platz zum Verweilen. Ariadne rollte zum Hintereingang des Theaters. In der Nähe des Schauspielhauses bemerkte sie Bauarbeiten. Sie konnte sich auf das Einspielen nicht konzentrieren und folge dem Krach. Sollte es wirklich war sein?
Acht Baumbeete sollten auf Parkplatzflächen in der Turnerstraße entstehen. Es sind Baumersatzpflanzungen für die Bahnsteige in der August-Bebel-Straße. Die Anwohner gingen auf die Barrikaden. Aber Ariadne freute sich. Es wurden Hopfenbuchen gepflanzt. Krass, Hopfen wächst dich in der Holledau und nicht in Bielefeld. Im Herbst wird Ariadne nachts den Hopfen pflücken und im Bielefelder Westen ihr erstes Bier brauen. Ariadne konnte alles.






