
Samstag war Kesse. Samstag war Kesselbrinkmarkt. Sandra Schweger, Kommissarin besuchte ihn jeden Samstag. Sie genoss die einzigartige Atmosphäre. Der Wochenmarkt in Freiburg vor der Kirche, oder im historischen Aschaffenburg mit seinen alten Häusern war sicherlich romantischer mit Wohlfühlklima. Der Wochenmarkt in Berlin Kreuzberg war auch super. Die Preise waren grandios, ein wenig Klein-Istanbul in der Hauptstadt. Der Kesselbrink hatte alles. Aber leider keine Wohlfühlatmosphäre. Vielleicht für die vielen Kleinkinder die bei tropischen Temperaturen in den Wasserfontänen spielten. Sandra Schweger kannte sie alle. Die Trinkerszene, Hans Hubert, den Blumenverkäufer und Abdul el Fasi,bei dem sie immer die leckeren Streichpasten für das Ciabatta kaufte. Verena Hölker verkaufte popofrische Eier und beim Wurst-Hannes gab es Iberico-Schnitzel für 39,99 Euro, von denen Sandra sich immer eins kaufte. Seit einigen Wochen herrschte Inflation und die Gaspreise explodierten. Das bekam auch der Biogemüsehändler zu spüren. Im Bioboom investierte die Bodengemeinschaft Hasengrün viel in Gründüngungen und Mondzyklen. Das Gemüse war frei von allem was schaden kann, aber das Kilo Tomaten für 11,99 Euro wurde liegen gelassen. Personalentlassungen waren unvermeidbar. Es gab auf dem Markt überreife Tomaten aus Holland für 0,79 Euro das Kilo. Alle eingeschweißt in Plastik und folierte Gurken für 0,39 Euro. Diese fanden reißenden Absatz.
Mit vollen Taschen ging Sandra Schweger nach Hause. Sie wohnte hinter dem Boulevard, wo sie öfters eingesetzt wurde um Hooligans zu beruhigen. Sie hatte eine nette Stimme und verfügte über Kompetenzen im Bereich der „Neuen Autorität“, naja, und immerhin hatte sie Kabelbinder und im Halfter eine Pistole. Auch Autorität. Sandra schlenderte an der neuen Baulücke am Bahnhof vorbei. Hier soll ein neues Hotel gebaut werden. Die Baulücke war aber nur 10 Meter breit. Kommt hier ein Stundenhotel hinein oder wirklich ein Ibis-Kasten? Sollte ihr egal sein. Sandra war immer die erste am Kesselbrinkmarkt und so waren auch nicht viele Menschen am Bahnhof. Sie war bereits im Bahnhofstunnel mit ihren Taschen. Da sah sie eine junge Frau von der anderen Seite kommen. War das nicht die gesuchte Flaschenbetrügerin Helga Fahrenholz, die stadtweit wegen Betrug gesucht war? Ja, das musste sie sein. Als Beamtin war sie für Volk und Vaterland immer im Einsatz und stellte sich der vermutlichen Täterin in den Weg. Helga wollte der Frau mit den vielen Einkaufstaschen entweichen, prallte aber an der vollen Tüte holländischer Wassertomaten ab und stürzte. Der Beutel mit den Paradeisern platzte und im Tunnel rutschten Helga und Sandra aus. Helga Fahrenholz war schneller. Sie berappelte sich, packte ihre Utensilien zurück in den Rucksack, putzte sich und rannte zum Zug nach Sauerland Süd, um ihren Hauptgewinn abzuholen. Sie musste nur den Kronkorken der Brauerei vorlegen und bekam dann 1000000 Euro. (Siehe Geschichte „Hauptgewinn) Der Zug fuhr ab und Helga war froh es geschafft zu haben. Die Mitarbeiter der Bahnhofsmission halfen Sandra Schweger beim Aufstehen und beim Putzen. Zwischen all dem zerdetschten Gemüse lag ein Kronkorken. Franz Sannemann, Buftie und Ehrenamtler bei der Bahnhofsmission sammelte den Kronkorken ein. Zu seinem Chef sagte er: „Guck mal, hier ist ein Gewinncode drauf!“ Bingo, die Arbeit der Bahnhofsmission war für Jahre gesichert.
Helga Fahrenholz kramte in Regionalexpress zwischen Paderborn und Altenbecken in ihrem Rucksack. Sie wurde kreideweiss.
