Trinkgeld

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Bielefeld hatte ein neues Aufregerthema. Warum soll man heute noch Trinkgeld
geben?

Warum wird fast jede Rechnung im Restaurant aufgerundet. Stimmt so! Stimmt
gar nicht mehr. Helga Fahrenholz regte sich auf.  Sie saß an der Klasse
eines Discounters und bekam den festen Lohn, den alle bekommen.  Sie war
mit ihrer Freundin Eis essen. Sie bestellte einen Cappuccino, der leider halb
kalt war. Ok, es war heiß draußen. Da machte es nicht so viel aus, aber als der
Kellner böse guckte, weil sie kein Trinkgeld gab, rastete Helga aus.

Sie, als Mittarbeiterin des Monats scannt die Artikel in doppelter
Geschwindigkeit in ihrem Discounter ein und keine Kunde sagte: Tolle Arbeit!
Hier ist ein Euro Trinkgeld für Sie!

Oder was war mit der netten Frau auf dem Finanzamt, die ihr bei der
Grundsteuererklärung für ihre kleine Eigentumswohnung in Deppendorf-Süd half.

Ach ja, das war eine Beamtin…Vorteilsnahme im Dienst.  Warum bekommt
die Verkäuferin im Karstadt kein Trinkgeld, obwohl sie Helga top beraten
hatte.  Oder warum bekam der Mäckdonalds Mann kein Trinkgeld? Oder der
hübsche Kartenabreißer beim Konzert des Bielefelder Kinderchores. Aber das Bier
für 4.50 Euro sollte Helga mit fünfzig Cent aufgerundet bezahlen. Das sind fünf
Euro. Dafür bekommt man schon einen Kasten Schädelmeister.

Das sind zehn Prozent!

Mehr!

Ach, die armen Studierenden, die kellnern müssen, verdienen doch so wenig.

„Quatsch“, dachte Helga, „die bekommen Mindestlohn!“ Und wenn die
studentischen Kellnerkräfte mit ihren Tattoos und Piercings Helga nahe kam,
kriegte sie Hals.

Trinkgeld sollte der Koch bekommen, der irgendwie im Bauch des Restaurants
hockt, nie das Tageslicht sieht und oft unqualifiziertes Aushilfspersonal um
sich hat. Helga bekam die Energiepauschale von 300 Euro und durch die 9 Euro
Tickets sparte sie einiges an Geld. Sie lud sich selbst in Bielefelds edelstem
Restaurant ein. 

Als Vorspeise nahm sie

Serrano Gran Reserva 25 Monate gereift auf „Berkel“ – frisch aufgeschnitten
Algenbutter sowie Pane artigianale und als Hauptgericht:

Gebratenes Steinbuttfilet auf Wassermelone und Kampot-Pfeffer sowie
Paprika-Melonensoße sowie Mungobohnen-Sprossen. Beides zusammen kostete fünfzig
Euro.

Der Nachtisch bestand aus einer Five Spices-Panna Cotta mit Sesam-Crumble 
und grünem Shiso.

Helga genoss das Essen, abe in dem Moment als sie die Five-Spices-Panna
Cotta Krem auf dem Löffel hatte, sprang sie auf, rannte in die Küche des
Restaurants, fiel dem Patissier um den Hals und drückte ihm zehn Euro Trinkgeld
in die Flossen. So etwas Leckeres hatte sie noch nie gegessen. Er hatte die
Leistung gebracht, nicht die hübsche und nette Bedienung Frau Süßenbach.

In der hiesigen Zeitung wurde berichtet, dass eine Burgerkette den Kunden
freigestellt hatte, was sie, also die Kunden, für den Bratling zahlen wollen.
Ein Student hat wahrlich nur sechs Cent gegeben. Die Aufregung war groß, aber
vielleicht war das Salatblatt welk oder im Rinderhack wanden sich Würmer. Dann
waren sogar sechs Cent zu viel. Aber das war schon krass. Ob sich das
Experiment gelohnt hatte, wird verraten. Wahrscheinlich nicht.

Aber es gab mal wieder Probleme an der Lutter. Sie lief voll. Hochwasser und
Zechgelage. Und Müll. Und am Jahnplatz waren Firmen aus Süddeutschland dabei
mit Hochdruck Kaugummiflecken zu entfernen

 

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