Tatort

Samstag war Kesse. Samstag war Kesselbrinkmarkt. Sandra Schweger, Kommissarin besuchte ihn jeden Samstag. Sie genoss die einzigartige Atmosphäre. Der Wochenmarkt in Freiburg vor der Kirche, oder im historischen Aschaffenburg mit seinen alten Häusern war sicherlich romantischer mit Wohlfühlklima. Der Wochenmarkt in Berlin Kreuzberg war auch super. Die Preise waren grandios, ein wenig Klein-Istanbul in der Hauptstadt. Der Kesselbrink hatte alles. Aber leider keine Wohlfühlatmosphäre. Vielleicht für die vielen Kleinkinder die bei tropischen Temperaturen in den Wasserfontänen spielten. Sandra Schweger kannte sie alle. Die Trinkerszene,  Hans Hubert, den Blumenverkäufer und Abdul el Fasi,bei dem sie immer die leckeren Streichpasten für das Ciabatta kaufte. Verena Hölker verkaufte popofrische Eier und beim Wurst-Hannes gab es Iberico-Schnitzel für 39,99 Euro, von denen Sandra sich immer eins kaufte. Seit einigen Wochen herrschte Inflation und die Gaspreise explodierten. Das bekam auch der Biogemüsehändler zu spüren. Im Bioboom investierte die Bodengemeinschaft Hasengrün viel in Gründüngungen und Mondzyklen. Das Gemüse war frei von allem was schaden kann, aber das Kilo Tomaten für 11,99 Euro wurde liegen gelassen. Personalentlassungen waren unvermeidbar. Es gab auf dem Markt überreife Tomaten aus Holland für 0,79 Euro das Kilo. Alle eingeschweißt in Plastik und folierte Gurken für 0,39 Euro. Diese fanden reißenden Absatz.

Mit vollen Taschen ging Sandra Schweger nach Hause. Sie wohnte hinter dem Boulevard, wo sie öfters eingesetzt wurde um Hooligans zu beruhigen. Sie hatte eine nette Stimme und verfügte über Kompetenzen im Bereich der „Neuen Autorität“, naja, und immerhin hatte sie Kabelbinder und im Halfter eine Pistole. Auch Autorität. Sandra schlenderte an der neuen Baulücke am Bahnhof vorbei. Hier soll ein neues Hotel gebaut werden. Die Baulücke war aber nur 10 Meter breit. Kommt hier ein Stundenhotel hinein oder wirklich ein Ibis-Kasten? Sollte ihr egal sein. Sandra war immer die erste am Kesselbrinkmarkt und so waren auch nicht viele Menschen am Bahnhof. Sie war bereits im Bahnhofstunnel mit ihren Taschen. Da sah sie eine junge Frau von der anderen Seite kommen. War das nicht die gesuchte Flaschenbetrügerin Helga Fahrenholz, die stadtweit wegen Betrug gesucht war? Ja, das musste sie sein. Als Beamtin war sie für Volk und Vaterland immer im Einsatz und stellte sich der vermutlichen Täterin in den Weg.  Helga wollte der Frau mit den vielen Einkaufstaschen entweichen, prallte aber an der vollen Tüte holländischer Wassertomaten ab und stürzte. Der Beutel mit den Paradeisern platzte und im Tunnel rutschten Helga und Sandra aus. Helga Fahrenholz war schneller. Sie berappelte sich, packte ihre Utensilien zurück in den Rucksack, putzte sich und rannte zum Zug nach Sauerland Süd, um ihren Hauptgewinn abzuholen. Sie musste nur den Kronkorken der Brauerei vorlegen und bekam dann  1000000 Euro. (Siehe Geschichte „Hauptgewinn) Der Zug fuhr ab und Helga war froh es geschafft zu haben. Die Mitarbeiter der Bahnhofsmission halfen Sandra Schweger beim Aufstehen und beim Putzen. Zwischen all dem zerdetschten Gemüse lag ein Kronkorken. Franz Sannemann, Buftie und Ehrenamtler bei der Bahnhofsmission sammelte den Kronkorken ein.  Zu seinem Chef sagte er: „Guck mal, hier ist ein Gewinncode drauf!“  Bingo, die Arbeit der Bahnhofsmission war für Jahre gesichert.

Helga Fahrenholz kramte in Regionalexpress zwischen Paderborn und Altenbecken in ihrem Rucksack. Sie wurde kreideweiss.

Hauptgewinn

Helga Fahrenholz, Kassiererin eines Discounters besuchte den Platz. Sie war gekündigt worden und organisierte sich neu. Helga konnte die Gaspreise nicht mehr bezahlen. Sie übernahm die Spätschicht im Supermarkt und so gegen 21.00 Uhr kamen nur noch selten Kunden. Sie nutzte den Flaschentrick, um ihr Gehalt aufzubessern. Sie befestigte eine PET Karlskrone Flasche mit einer Schnur und schob sie in den Tomra Pfandautomaten. Kurz bevor die Metallklappe die Flasche in den richtigen Container schob, zog sie die Flasche zurück und der Pfandwert von 25 ct wurde ihr gutgeschrieben. Das konnte sie hundert Mal machen. Leider vergaß sie die Überwachungskamera.

Also war sie draußen. Flaschensammeln fand sie nicht gut. 8 ct für eine Bierflasche und das bei dem Gewicht. Vor der Bielefelder Alm standen Flaschenpicker mit großen Mülleimern. Die Claims waren abgesteckt, es gab eine Pickerhierachie. Das mochte sie nicht.  Aber den Pflandflaschentrick fand sie gut. Leider hat das europäische Patentamt ihren Antrag in das Patentbuch abgelehnt.  Helga machte den Trick bei jedem Supermarkt immer nur zehnmal. Solange dauerte es, bis das Alarmsystem des Marktes anschlug. aber laut der Plattform Supermarkencheck gibt es in Bielefeld 129 Supermärkte. Also teilen sich 2480 Einwohner einen Supermarkt. Fast so viele wie es Protestanten in einem Sprengel gibt.

 So konnte Helga Fahrenholz 322,50 Euro am Tag aus den Konsumtempeln ziehen. Wenn sie schnell war. Sportlich war sie ja. Kumpel „Bottleboy“ sammelte Pfandflaschen vor den Arminenspielen ein. Er trug damit einen großen Anteil daran, dass die Gegend um die Bielefelder Alm nach den Heimspielen stets sauber blieb. Er gab Helga den Freecode für die Cityroller, die überall herumstanden. Er lautet 354dfa++234a. Damit schaffte sie es, die vielen Märkte abzuklappern. Täglich wechselte sie Ihre Kleidung und nutzte immer öfter das Spiderman-Kostüm aus dem Angebot.

Aber immer mehr überlegte sie sich, ob das wirklich der Sinn im Leben sein sollte. Sie nahm sich zuerst ein Beispiel an Pfandsammler Eduard Lüning (Quelle Süddeutsche Zeitung). Er verdiente bis zu 13000 Euro mit dem Dreck anderer Leute. Sie kam im Monat, wenn alles klappte: 0,25 ct mal 10 mal 129 Supermärkten 7740 Euro verdienen, aber dann musste auch alles passen. Und dann müsste sie Steuern zahlen müssen und irgendwie war sie ja auch illegal. Helga war unglücklich.

Am Freitagabend besuchte sie Flaschenpicker Bottleboy. Arminia hatte das 1.Heimspiel seit Monaten gewonnen. Die Fans waren seelig. Bottleboy und Helga schlenderten zum Elch im Oetkerpark. Dort feierten noch die Fans des Fanclubs „fette Wampe“ und luden sie zu einem Bier ein. Helga steckte die Kronkorken und ihren Rucksack. Zu Hause scannte sie die Kronkorken. Eine Brauerei hatte ein Gewinnspiel auf den Kronkorken gedruckt. Hautgewinn 1.000000 Euro, wer den richtigen Gewinncode der Brauerei in die Homepage eintrug.  Helga tippte ein. Acht Zeichen mussten es sein

AB4+#?% passten schon nun fehlt noch die letzte Ziffer. Mit zitternden Händen drückte sie auf der Tastatur auf die 7. Die magische 7. Die heilige 7. und…..

Bingo! Hauptgewinn. Sie erhielt eine geheime Telefonnummer und rief in der Brauerei an.

Bingo, 1000000 Euro Hauptgewinn. Helga war reich, Helga war sprachlos. Helga kippte vom Stuhl.

Sie solle am nächsten Tag in das Sauerland fahren und den Kronkorken vorzeigen. Den heiligen, den einzigen Kronkorken. Sie dürfe ihn nicht verlieren.  Dann würde man eine Pressekonferenz halten, dass der Hauptgewinn nach Bielefeld geht. Leider hingen aber rund um den Bahnhof Fahndungsfotos von ihr, weil Hauptkommissarin Sandra Schweger sie beim Pfandtrick fotografiert hatte und der Lidl eine Strafanzeige schrieb.  Helga musste irgendwie in den Zug kommen, der in das Sauerland vor. Würde sie es schaffen?

Klosterplatz

In den Bielefelder Zeitungen gibt es mal wieder ein neues Thema. Es gibt einen Platz in Bielefeld, der so etwas von schön, so etwas von zentral, so etwas von begehrt ist, dass ihn alle haben wollen. Der Klosterplatz. Aber er kann nicht entwickelt werden, weil sich Stadt, katholische Klostergemeinde und die Klosterschule sich darum streiten, wer diesen Platz nutzen kann. Wenn man die Wüstenei Jahnplatz verlässt und zehn Minuten geht, kommt man zum Klosterplatz. Warum aber wird er nicht genutzt ?

Schauen wir uns das mal an. Da wollen Kirchgänger, OGS-Kinder, Gastronomen und Partypeople sich dort breit machen. Außerdem sagte die Schulleiterin, dass ihre Kinder aus ganz Bielefeld kommen und Zugänge für die Mamataxis bereit stehen müssen. 

Die ehemalige Kirche des Franziskanerordens wurde im Jahr 1511 geweiht. Im Innern der St. Jodokuskirche befinden sich sehenswerte Kostbarkeiten: die „Schwarze Madonna“ aus dem Jahre 1220, die Holzplastik des heiligen Jodokus um 1480 und die Ikonenwand von Saweljew von 1962. Und so wollte der Pater genügend Busplätze bereithalten, damit die polnischen Pilgerreisenden parken konnten. In der Komödie spielten die Stereotypen und Marvin und seine Partnerin wünschten sich eine After-Show-Party auf dem Platz.

Es gab einen Abend- und einen Flohmarkt. Und Weihnachten gab  es eine Eisbahn. Aber es gibt viele Probleme, denn dieser Platz war auch Schulhof.

Gerd Pape war Investor.

Er sah im Klosterplatz enormes Entwicklungspotential. Er löste alle Probleme. Mit Geld ging doch alles. So ging er vor. Zunächst musste dies komische Schule weg. Wer brauchte im protestantischen Bielefeld eine katholische Schule ? Und wenn die Eltern aus Hoberge – Uerentrup kommen, dann können ihre SUVs, auch wo anders parken. 

Gerd Pape ließ das Parkhaus am Kesselbrink abreisen. Dort spendierte er der Schulleiterin einen Neubau. Aber wir kam das Heilige in die neue Schule?  Gerd Pape knipste der Schwarzen Madonna von 1220 einen Fingernagel ab, beauftragte die lokale Brauerei ein Madonnenbier aufzulegen und Pater Hubertus Seelenheim würde den Neubau einsegnen.  In das alte Schulgebäude verortete Gerd stylische Galerien und das Ordnungsamt. Beide Einrichtungen sorgten dafür, dass es auch Laufpublikum gab. Dann pachtete er von der klammen Kommune Bielefeld den Klosterplatz für 99 Jahre. Dann legte er einen Veranstaltungskalender vor, der vom Stricklisl-Wettbewerb, über Dackel-Shampooing bis zum Fortniteturnier führte und jeden Abend sprudelnde Einnahmen garantierte. Natürlich musste Sharon McSheen eine Gebühr bezahlen, wenn sie einen schottischen Wasserpfeifenkurs anbieten wollte.

Holger Weizenfeld, jetzt Brauer aus Bielefeld, eröffnete den ersten Bierbrunnen in Ostwestfalen. Für die polnischen Pilger gab es das Madonnenbier für fünf Euro samt Segen des Priesters. Der Klosterplatz war der neue Treffpunkt. Die Grundschule bekam die Hüpfburg und die Bierbänke der Brauerei für den Schulhof. Kundenbindung 2022.

Helga Fahrenholz, Kassiererin eines Discounters besuchte den Platz. Sie war gekündigt worden und organisierte sich neu. Helga konnte die Gaspreise nicht mehr bezahlen. Sie übernahm die Spätschicht im Supermarkt und so gegen 21.00 Uhr kamen nur noch selten Kunden. Sie nutzte den Flaschentrick, um ihr Gehalt aufzubessern. Sie befestigte eine PET Karlskrone Flasche mit einer Schnur und schob sie in den Tomra Pfandautomaten. Kurz bevor die Metallklappe die Flasche in den richtigen Container schob, zog sie die Flasche zurück und der Pfandwert von 25 ct wurde ihr gutgeschrieben. Das konnte sie hundert Mal machen. Leider vergaß sie die Überwachungskamera.

Bier

Holger Weizenfeld war Brauer in der 10.Generation. 1653 hatte sein Ur-Ur-Ur-Urgroßvater Ambrosius Wytenfelte in Krachtenhausen das erste lippische Roggennbier gebraut. Es war bitter und sauer aber es wurde natürlich jeden Abend getrunken, denn Bier ist ein Lebensmittel. Das harte lippische Bauernbrot wurde dort eingedippt und schon kleinen Kindern als Lebenselixier eingeflößt. Die kleine Brauerei entwickelte sich bis 1999. „Weizenfelders“ wurde die lokale Biersorte. Obwohl kein Weizen darin war. Auf der Flasche konnte man Ambrosius Wytenfelte Konterfei mit feinen Pausbäckchen und Brauerschürze sehen. Die Gäste kamen in die angebaute Brauereigaststätte zum Stammtisch und Skatabend.

Dann aber wurden das Fernsehen und das Internet auch in dem Örtchen Krachtenhausen immer wichtiger, die Stammgäste kamen nicht mehr und der Discounter bot Schädelmeister für 4,99 Euro an. Holger Weizenfelder bekam Besuch von einen Mitarbeiter von Radeberger. Radeberger ist die größte Brauerei in Deutschland, was nicht ganz stimmt, es sind mehrere Firmen darunter. Und sogar Dr. Oetker steckt mit drin. Radeberger wollte „Weizenfelders“ übernehmen und Holger einen Job geben. Die Bierindustrie ist ein bedeutender Teil der deutschen Wirtschaft und ihr Interesse an Statistiken zum Kauf- und Konsumverhalten der Deutschen dementsprechend groß, so dass einige interessante Fakten über den deutschen Biermarkt herausgefunden werden sollen. Das sollte Holger herausfinden.  Er verkaufte die Brauerei und war als freischaffender Biermarktanalyst unterwegs.

Er erfuhr, dass im nahe gelegenen Brackwede eine neue Brauerei aufgemacht werden sollte.

Leider stand sein Name nicht auf der Gästeliste. Das kannte er schon. Wie ein Testesser für den Michelin-Stern war er oft inkognito unterwegs. Brackwede.. zwischen türkischen Brautläden, Goldstuben, Handyshops und Grillstube Marmaris suchte er vergeblich nach der Brauerei. In seinem Kopf sucht er nach messingfarbenen Braupötten und roten Backsteingebäuden. und vermisste den süßlichen Geruch, der beim Brauen entsteht. Vanille konnte man riechen. Dr.Oetker war in der Nähe.

In seinem Gedächtnis hatte er das Dortmunder U und die alte Becks-Brauerei gespeichert. So etwas sah er nicht.  Dann erblickte er  ein neues Gebäude, stylisch modern. Er turnte eine halbe Stunde auf der Hüpfburg  auf der Einweihungsfeier und gönnte sich dann das neue Bier, welches in modernen Bechern ausgegeben wurde. Die Flaschen hinter der Theke waren fein drappiert und beleuchtet. Die Inneneinrichtung war nüchtern modern, kein Mief mehr von Bierecktischen, grünen Tischdecken und Stolvesand-Zigaretten.

Holger suchte verzweifelt nach dem Slogan der Brauerei. Er kannte sie alle. Alle Werbesprüche.

„Heute ein König“ , „Gut, besser, Paulaner, “

„irgendwann erfrischt es jeden“,

„Männer wie wir, Wicküler Bier“,

 „nicht immer, aber immer öfter“,

„Bitte ein Bit“,  

„Barre Bräu – dein Herz erfreu“.

Womit warb man hier? Kein Eisvogel, kein rauschender Bach, keine Nordseeinseln, keine dicken Mönche. Wenn die neue Brauerei sich keine Marketingkampagne ausgedacht hatte, musste sie so von dem Gebräu überzeugt sein, dass alleine das Design und der Geschmack Kunden aus ganz Deutschland anziehen würden.  Auf der Bierflasche Stand „Bielefelder“, es waren Kacheln zu sehen, was an die Bielefelder Sparren erinnern sollte. Und doch, da war noch eine Burg zu sehen.

War das eine Rückbesinnung auf die alten Zeiten? In Paderborn brachte man ein Pilgerbier heraus, ein Ambrosius und ein Bier mit Namen „Walz“ und sogar die alte Bitburger Brauerei setzten auf den Nostalgieboom. Ihr Landbier kam in einer dicken Pulle mit alten Bauernhäusern und dem schönen Namen Eifelbräu in die Supermärkte.

Diese Brauerei sah so anders aus. So modern, so jung. Ob sie mit dem neuen Konzept erfolgreich bleibt? Die meisten Biertrinker in Deutschland sind ja wie Holger Weizenfeld schon älter und denken an die alten guten Zeiten zurück. Für sie kostet ein Kasten Bier zehn Euro. Was sollte Holger seinen Auftraggebern berichten?  Eine neue Brauerei mit modernem Auftritt, die sich gar nicht mehr Brauerei nennt, sondern Braumanufaktur.

Das machte ihn neugierig.

Der Begriff „Manufaktur“ kommt aus dem Lateinischen. „Manus“ ist die Hand und „factura“ kommt von „machen“. Manufaktur heißt also, dass man etwas mit der Hand herstellt. Unter einer Manufaktur versteht man einen Betrieb, der zwischen dem traditionellen Handwerk und der modernen Fabrik steht. Und das gefiel Holger. Das passte. Das gefiel ihm. Dieses Bier war nicht zum Durstlöschen, sondern steht für ein gut gemachtes hochpreisiges Bier, was man genießen und nicht kippen sollte.  Dafür gab es durchaus einen Absatzmarkt.

Ein Bier halt der Spitzenklasse.

Dann fand er den Slogan der Brauerei: Braut dich um!

Holger bestellte noch mehrere Flutlicht-Biere, träumte vom Abendspiel der Arminia und beschloss: „Hier gehe ich nicht wieder weg.“  Das ist so lecker hier. Um 01.45 Uhr saß er immer noch bierselig auf der Bierbank und kam mit dem Gründer der Brauerei ins Gespräch. Als der Unternehmer hörte, dass Holger Weizenfeld im 1.Leben Brauer war, gab er ihm sofort ein Jobangebot. Die Bielefelder Braumanufaktur sollte expandieren. Holger sollte dabei helfen. Bielefeld gab es wirklich.

Trinkgeld

foto under cc licence

Bielefeld hatte ein neues Aufregerthema. Warum soll man heute noch Trinkgeld
geben?

Warum wird fast jede Rechnung im Restaurant aufgerundet. Stimmt so! Stimmt
gar nicht mehr. Helga Fahrenholz regte sich auf.  Sie saß an der Klasse
eines Discounters und bekam den festen Lohn, den alle bekommen.  Sie war
mit ihrer Freundin Eis essen. Sie bestellte einen Cappuccino, der leider halb
kalt war. Ok, es war heiß draußen. Da machte es nicht so viel aus, aber als der
Kellner böse guckte, weil sie kein Trinkgeld gab, rastete Helga aus.

Sie, als Mittarbeiterin des Monats scannt die Artikel in doppelter
Geschwindigkeit in ihrem Discounter ein und keine Kunde sagte: Tolle Arbeit!
Hier ist ein Euro Trinkgeld für Sie!

Oder was war mit der netten Frau auf dem Finanzamt, die ihr bei der
Grundsteuererklärung für ihre kleine Eigentumswohnung in Deppendorf-Süd half.

Ach ja, das war eine Beamtin…Vorteilsnahme im Dienst.  Warum bekommt
die Verkäuferin im Karstadt kein Trinkgeld, obwohl sie Helga top beraten
hatte.  Oder warum bekam der Mäckdonalds Mann kein Trinkgeld? Oder der
hübsche Kartenabreißer beim Konzert des Bielefelder Kinderchores. Aber das Bier
für 4.50 Euro sollte Helga mit fünfzig Cent aufgerundet bezahlen. Das sind fünf
Euro. Dafür bekommt man schon einen Kasten Schädelmeister.

Das sind zehn Prozent!

Mehr!

Ach, die armen Studierenden, die kellnern müssen, verdienen doch so wenig.

„Quatsch“, dachte Helga, „die bekommen Mindestlohn!“ Und wenn die
studentischen Kellnerkräfte mit ihren Tattoos und Piercings Helga nahe kam,
kriegte sie Hals.

Trinkgeld sollte der Koch bekommen, der irgendwie im Bauch des Restaurants
hockt, nie das Tageslicht sieht und oft unqualifiziertes Aushilfspersonal um
sich hat. Helga bekam die Energiepauschale von 300 Euro und durch die 9 Euro
Tickets sparte sie einiges an Geld. Sie lud sich selbst in Bielefelds edelstem
Restaurant ein. 

Als Vorspeise nahm sie

Serrano Gran Reserva 25 Monate gereift auf „Berkel“ – frisch aufgeschnitten
Algenbutter sowie Pane artigianale und als Hauptgericht:

Gebratenes Steinbuttfilet auf Wassermelone und Kampot-Pfeffer sowie
Paprika-Melonensoße sowie Mungobohnen-Sprossen. Beides zusammen kostete fünfzig
Euro.

Der Nachtisch bestand aus einer Five Spices-Panna Cotta mit Sesam-Crumble 
und grünem Shiso.

Helga genoss das Essen, abe in dem Moment als sie die Five-Spices-Panna
Cotta Krem auf dem Löffel hatte, sprang sie auf, rannte in die Küche des
Restaurants, fiel dem Patissier um den Hals und drückte ihm zehn Euro Trinkgeld
in die Flossen. So etwas Leckeres hatte sie noch nie gegessen. Er hatte die
Leistung gebracht, nicht die hübsche und nette Bedienung Frau Süßenbach.

In der hiesigen Zeitung wurde berichtet, dass eine Burgerkette den Kunden
freigestellt hatte, was sie, also die Kunden, für den Bratling zahlen wollen.
Ein Student hat wahrlich nur sechs Cent gegeben. Die Aufregung war groß, aber
vielleicht war das Salatblatt welk oder im Rinderhack wanden sich Würmer. Dann
waren sogar sechs Cent zu viel. Aber das war schon krass. Ob sich das
Experiment gelohnt hatte, wird verraten. Wahrscheinlich nicht.

Aber es gab mal wieder Probleme an der Lutter. Sie lief voll. Hochwasser und
Zechgelage. Und Müll. Und am Jahnplatz waren Firmen aus Süddeutschland dabei
mit Hochdruck Kaugummiflecken zu entfernen

 

Weihnachtspyramide

Durch die von den Kerzen erwärmte, aufsteigende Luft werden das Flügelrad und die mit der Welle verbundenen Teller in Drehung versetzt. Traditionell drehen sich Weihnachtspyramiden im Uhrzeigersinn, seltener auch entgegen dem Uhrzeigersinn.

Und Bielefeld soll die größte Weihnachtspyramide Nordrhein-Westfalens bekommen.

Sie soll auf dem grauen Jahnplatz stehen und ein wenig Glanz in die Hütte bringen.  Die Idee der Stadt war wie immer umstritten. Die Stadt beschließt angesichts der drohenden Gasnotlage einen Energiesparplan. Am gleichen Tag bewirbt sie die neue Licht-Attraktion für den Weihnachtsmarkt. Was kann man da nun tun?  Das passt nicht.

Und die Stadt Paderborn hat auch schon eine Pyramide. Nicht nur, dass sie auch 20 Meter hoch ist, sie ist sogar begehbar. Und an der Spitze ist ein Fingernagel vom heiligen Liborius, was den Weihnachtsmarktbesucher noch seliger macht. Paderborn war mit seinem Pilger Bier und seinem Fußballverein momentan der Oberstadt überlegen. Das kann doch nicht wahr sein.

Die Bielefelder Pyramide wurde bereits in Leipzig gefertigt. Kamen die Pyramiden nicht aus dem Erzgebirge. Ist Leipzig nicht in Sachsen?  Um also die größte jahresendzeitliche Schnitzskulptur fertig zu bekommen, befestigte Schnitzskulpturmeister Volkmar Hellfritzsch noch eine Redbull…ach nein, Arminiafahne an der Spitze. Irgendwann musste es mit den blauen Göttern wieder aufwärts gehen. Man befand sich nach vier Spieltagen mitten im Abstiegskampf.

Zurück zur Pyramide. Wie konnte man es den Bielefeldern vermitteln, dass die Pyramide keine Energieschleuder war. Die Stadtplaner waren frustriert. Da bekamen sie ein Angebot von

Hans-Walter Barke.  (Siehe vorherige Geschichte)

Hans-Walter war Vater von Kim Barke, Schülerin der Klasse 5 der Sekundärschule aus einem Vordorf Bielefelds. Er war Klassenpflegschaftsvorsitzender und als stolzer Vater natürlich im Förderverein der Schule. Er war Schausteller, etwas aus der Form geraten, ob der vielen Bratwürste von den Stadtfesten und lernte Henriette Kottmann, stolze Bonbonladeninhaberin und Society Girl bei einem Schultreffen kennen. Beide witterten ein Geschäft.

Hans-Walter mit Krücken. Er rutschte auf einer Wurst aus. Foto under cc-licence

Hans-Walter übernahm alle Kosten für die Weihnachtspyramide. Im Untergeschoss waren seine Bratwurstschmiede und Henriettes Candy-Shop. Mit der Abluft aus seinen Friteusen, der Menschenwärme und zehn Meter hohen Kerzen, die er im Paderborner Dom gekauft hatte, konnte die Weihnachtspyramide ihre Runden machen. Wärme steigt nach oben. Passt! So marschierten Maria und Josef und die Hirten in einer Wahnsinnsgeschwindigkeit rum und rum und rum. Hoffentlich wird ihnen nicht schlecht.

Die Flügel der Pyramide erzeugten sogar Strom. Wie bei einem Windrad. Hans-Walter musste nur immer schauen, ob die Pyramide sich nach links oder rechts dreht. Was brauchte er? Gleichstrom oder Wechselstrom? Nur leider konnte die Pyramide nicht bestiegen werden. Das ging nur in Paderborn. Aber man konnte unten durch kriechen, befand sich dich unter dem Jahnplatz ein Tunnel. Und so bekamen die Bielefelder ein neues Highlight auf dem Platz und unter dem Platz: einen freien Blick auf die Antriebskurbeln der Pyramide. Der Student, der am Jahnplatztunnel mit Flyern und QR-Codes für 59 ct auf dieses pneumatische Wunderding aufmerksam machen wollte, ging aber leider nur mit 1,18 Euro nach acht Stunden Arbeit nach Hause. Interessieren tat es niemanden. Vielleicht sollten das Bielefelder Tanzensemble und der Kinderchor Lieder aus der Grotte spielen. Es gab noch genügend Zeit zum Üben.

Weihnachten im Sommer

Ja ist denn heut schon Weihnachten? Henriette Kottmann ist Architektin aus Bielefeld. In der Zeitung stand etwas über den Weihnachtsmarkt in Bielefeld. Findet der statt? Es ist doch so heiß. Was hatte es mir ihr zu tun. Sie hatte in Werther einen Laden für Süßigkeiten aufgemacht. https://gerwin.home.blog/2022/07/17/henriette/

Im Candy Crush Shop war der Bär los. Henriette ist aufgestiegen in den High Society in Ostwestfalen. Sie hatte eine Lounge auf der Bielefelder Alm, durfte einmal im Monat eine Fahne auf der Sparrenburg mit ihrem Konterfei als Unternehmerin des Jahres hissen und war als Sponsorin der Sekundärschule in Steinhagen nicht mehr aus dem Schulleben wegzudenken.

Sekundärschulleiter Schnepel bekam einen Anruf. In den Ferien. Die neue Schulministerin wollte ihn besuchen kommen. Was für ein Start. Einen Tag nach den Ferien. Die Ministerin war erst wenige Tage im Amt und wollte sich in einigen Schulen in OWL einen Blick über die Intelligenz der Schüler-*Innen machen. Schnepel war in Aufruhr. Schnell musste noch das Reinigungsteam „Blitzeblank“ gerufen werden, dass Lehrerkollegium wollte vegane Pumpernickel backen. Schnepels Familie musste in einer Nacht und Nebel-Aktion den Roten Teppich ausrollen und von den Kaugummiresten der letzten Abiturfeuer befreien. Die lokale Schnapsbrennerei bot Steinhäger in Editionsgläsern an. Das hätte aber Schnepel seinen Job gekostet. Alkohol in der Schule – geht ja gar nicht.

Geht denn Zucker? Henriette Kottmann, Mitglied im Förderverein der Schule und Sponsorin wollte eSüßigkeiten spenden. Sie wollte Blumenkinder – äh  Zuckerkinder mit Körbchen voller Storck Riesen vor der Ministerin in das Gebäude der Schule laufen lassen.  Ja, dass könnte gehen. Das sähe doch süß aus, aber ob der tropischen Wetterverhältnisse könnte die Ministerin mit ihren High Heels auf dem roten Teppich auf den Bonbons kleben bleiben. Ein No-Go und Thema für RTL und CO.

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So musste der Empfang der Ministerin doch kleiner ausfallen. Schnepel und sein Kollegium besannen sich auf die ostwestfälischen Tugenden und präsentierten der Ministerin Arminia-Fahnen neben dem Roten Teppich, Gurkensticks, Schmalzbrot, westfälischen Pumpernickel, Kräutertee und Lehrerzimmerkaffee, was im Ministerium hoch angesehen wurde, zeigte sich hier doch ein sparsames Kollegium, dass mit den Steuergeldern sinnvoll umging. Zudem bekam die Ministerin überall wo anders Canapes und Lachs. Eine Wurststulle und Lehrerzimmerkaffee waren ihr doch lieber, war es doch bodenständig und als Münsteranerin war sie das. Wer den Geschmack von Lehrerzimmerkaffee nicht kennt…. er war fantastisch. Auch diese Kaffeemaschine war gesponsert. Hans-Walter Barke, Vater von Kim Barke, Schülerin der Klasse 5 war Klassenpflegschaftsvorsitzender und als stolzer Vater natürlich im Förderverein der Schule. Er war Schausteller, etwas aus der Form geraten, ob der vielen Bratwürste von den Stadtfesten und stellten beim ersten Treffen des Fördervereins der Schule fest, dass ein Kaffeemaschine fehlt. Na, die sponsert er doch gern, er hatte durch seine Schaustellerkreise Zugriff auf 100 Liter Maschinen. So viel geht in einem Lehrerkollegium morgens schon einmal durch.

Henriette sprach Hans-Walter Barke an, als er beim Fördervereintreffen die große Kaffeemaschine feierlich überreichen wollte. Wäre das nicht auch etwas für ihren Süßigkeitenladen? Kaffee mit Milchschnitte, Lila Pause oder Hanuta? Hans-Walter war nicht Henriettes Typ. Er etwas breiig, sie elegant und galant. Aber wenn es um das Geschäft ging, schaute man nicht, ob die Knöpfe des Seidenstickerhemdes spannten. Konnte es doch ein Zeichen von Wohlstand sein.

Hans-Walter war als Schausteller auf allen Stadtfesten der Welt. In der  Coronakrise hatte er nichts verdient. Alle Feste geschlossen, er musste sein Haus verkaufen und in den 9.Stock in der Conti Bronx einziehen. Aber seit 2022 boomte das Geschäft wieder. Hans-Walters Schaustellergeschäft standen wieder rosige Zeiten bevor.  Er wurde gefragt, ob er ein neues High-Light, den neuen Blickpunkt für NRW in Bielefeld realisieren wollte. Die größte Weihnachtspyramide in Nordrhein-Westfalen sollte am Jahnplatz aufgebaut werden. Hans-Walter zögerte keine Minute. Henriette Kottmann witterte ein neues Geschäft.

Wochenende in Bielefeld

Angebote in der Großstadt Bielefeld

Es war soweit. Der Schreiber dieses Blogs brauchte eine neue Lesebrille .Mit dieser Brille entdeckte er die Staubmausschichten zwischen den Buchstaben der Tastatur, die besonders zwischen den Tasten D ,S, C zu finden war. Also musste Ersatz her. Zudem war das Telefon, als das Echte, das mit Tasten, ohne Touch kaputt.

Drückte man mit seinen Pranken die Eins, konnte es passieren, dass auf einmal die Feuerwehr oder der Krankenwagen vor der Tür standen, weil es einen Wackelkontakt gab. Ach wieso heißt das große Kinderfest in Bielefeld eigentlich Wackelpeter und nicht Wackelkontakt? Coronahotspot? Fliegende Windeln und erste Kindergartenlieben? Klassentreffen  und Kundenbindung für den lokalen Radiosender. Flirtfaktor fünf!

Zurück zum Telefon. Beim hiesigen Elektromarkt sollte es doch möglich sein, ein neues Haustelefon zu bekommen. Ja, ein Festnetz mit zweitem Mobilteil. Beim Betreten dieses Geiz-ist geil-Marktes fiel auf, dass Legionen von Verkäufern bereitstanden. Sonst fand man doch nie eine Hilfe beim Einkaufen. Nun stürzten sie auf mich. Ich fragte nach einen Telefon. Verkäufer EINS aber sagte, er kenne nur Waschmaschinen, Verkäufer ZWEI sagte, er kenne nur Nassrasurersatzklingen, Verkäufer DREI sagte, er berate nur Kunden unter 20, wegen der Tiktokangebote, die ich wohl nicht kennen würde. Aber Verkäufer VIER wusste weiter. Stummlich war sein Name. Stand auf dem Schild.  Herr Stummlich. Aber als ich ihn ansprach, sagte er, dass er nichts besser kenne als seine Frau und fing an zu weinen. Was sollte ich damit anfangen. Aber Stummlich klärte mich auf. Bald muss er wieder jeden Tag bei meiner ollen Helga sitzen, weil er entlassen werde.  Er führt mich in de Fachabteilung. In der Abteilung für Telefone gab es ein 25 Meter langes Regal, bestückt mit circa nur zehn Modellen. Davon waren  neun Modelle Seniorentelefone mit großen Tasten. Praktisch, aber nicht, dass was ich wollte. Ich frage Stummlich nach meinem Modell, was ich im Internet gesehen hatte. Tja, das gibt es hier nicht. Er könne es bestellen, würde mir aber empfehlen es selber zu tun. So mache er es auch.  So machen es alle. Ist billiger. Er hat neulich die neueste Spielkonsole direkt in Asien abgeholt, in die Filiale geschmuggelt, und mit etwas Rabatt beim Supersale in Bielefeld verkauft. Den Gewinn hatte er sich mit dem Marktleiter geteilt. Das machten auch der Waschmaschinenverkäufer, der Nassrasurenersatzklingenverkäufer und der TikTok-Mann.

Die stehen hier nur noch rum, weil der Marktleiter ihnen erlaubte mit ihren roten Hemden sich zu Geschäftszeiten hier aufwärmen durften. War klar, Gas ist für das Zuhause zu teuer geworden. Der Markt würde bald geschlossen werden. Braucht man nicht mehr.  Zudem waren die Betriebskosten zu hoch.

Aber Bielefeld ist bestens für die Energiekrise vorbereitet.

Am Jahnplatz werden Sonnen installiert. Nachtsonnen! Nacht–Sonnen! Scheint nachts nicht der Mond? Warum nachts eine Sonne sehen? Erzeugt die Strom? Das wäre ja super. Dann stelle ich dort auf dem Mittelstreifen meine mobilen Solarpaneele und lade dann meinen Fahrrad-Akku auf.  Bald sollen die neuen Sonnen an den Start gehen. Da aber unser Bürgermeister ein Zeichen des Energiesparens setzen möchte, werden diese aber am 1.September publikumswirksam bei einem Bürgerfest wieder abgeschaltet.

Umgebaut für die Energiewende wird auch das Stadion Alm.  Die Arminia hat den Spielbetrieb für dieses Jahr eingestellt. Zu schlecht. Was damit passiert? Bleiben Sie am Ball.

Traumstadt Bielefeld

Booming Town Teil 1 – Bielefeld

Als ich vor 30 Jahren die Wahl hatte nach Oer-Erkenschwick oder Bielefeld zu ziehen, wusste ich bereits, dass das Oberzentrum eines Tages zu den beliebtesten Flecken Deutschlands zählt. Das darf auch die 83jährige Schwiegermutter erleben, die wir 2021 aus dem BayerLeverkusenLand zur Freien Scholle holten, nachdem die Wupper große Teile der Blütenstadt Leichlingen zerstörte. Meine Mutter und mein Sohn leben im Süden Deutschlands und zerschmelzen in den Straßenschluchten der Metropolen. Früher sagte man immer: In Bielefeld regnet es immer! Da will keiner hin. Fakt ist: Guckst du meinen Garten! Tonnenweise Tomaten und Basilikums, oder heißt die Mehrzahl Basilikas?

Und nun kommt noch der neue Weser-Lutter-Kanal dazu. Ein Weltwunder.

Letzte Woche wurden die 700 Meter des Baches freigelegt und Tausende zog es dort hin. Meine Protagonisten Henriette und Peter (Siehe einige Kapitel vorher) wohnten an der Straße. Was war passiert? Peter rief an. Für mehrere hunderttausende Euro wurden Steine und Pflanzen in das Bachbecken gesetzt, damit der Bach ein natürliches Aussehen hat, denn fette Marmorplatten, oder auch die sogenannten Ummelner Sandsteine fassten den Bach ein und es sah eher so aus, wie bei den neuen grauen Einfamilienhäusern.

Mit lokalen Kulturgrößen und einem Wort des Oberbürgermeisters wurde das Bachstück freigegeben. Aber ob der Hitze an diesem Tag, wagten sich Tausende mit nackten Füßen in die Fluten. Dadurch wurden die Schilfpflanzen und der seltene Sonnentau zerstört. Was noch viel schlimmer war, war die Tatsache, dass das Wasser durch Käsefuß-und Sonnencremepartikeln so verdreckt war, dass die nahegelegene Gesundheitsbehörde vorbeikam. Mehrere Bielefelder, darunter auch ich, hatten Spritzer ins Gesicht bekommen und wurden dann sofort in Quarantäne genommen. Die Lutter ist auf unbestimmte Zeit wieder abgestellt. Das geht nämlich. Sie ist ja kein richtiger Fluss. Das war auch schade, für den Storch, der das Bielefelder Sommerloch füllte.

Das Storchenpaar „Meier“ ist in Bielefeld sehr gut bekannt. Es brütete erfolgreich auf der Scheune im Tierpark Olderdissen gegenüber dem Meierhof, der den beiden ihren Namen gab. Doch dieses Jahr kam es im Frühjahr zum Drama: Ein Nebenbuhler störte die traute Zweisamkeit, und dann kamen auch noch weitere Storchenmännchen hinzu. Eines von ihnen griff „Herrn Meier“ so heftig an, dass er erheblich verletzt wurde und nicht mehr fliegen konnte. Tierpfleger Harald brachte ihn zum Tierarzt Dr. Wandersvogel, der ihn fachgerecht versorgte und schmerz- sowie entzündungshemmende Mittel verschrieb. Am besten wären für den Storch leckere Lutter-Forellen, die aber durch die Käsefußattake vertrieben wurden. Jetzt sitzt Meier bei mir auf dem Balkon, Tierpfleger Harald, Nachbar und Bewunderer des Schreiberlings, fand keine andere Herberge für ihn.

Mittlerweile hat sich eine Bürgerinitiative gegründet, die im Winter die Lutter weihnachtlich dekorieren möchte. Schauen Sie auf das Foto. So könnte es in Bielefeld bald aussehen.

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