Es war Gründonnerstag 20.23 Uhr. Jetzt musste gehandelt werden. Die Prozessionsträger läuten die Osterfeiertage mit Ramazotti ein. Sergio hatte die Träger geschmiert, sie befestigten die Münzenduplikate an das Kreuz. Nur die eine, die eine Münze, die Eddy vorbeibringen wollte, fehlte noch. Eddy war gut in der Zeit. Er erholte sich bei einer Pizza Napoli 20 km vor Palermo. Es sah gut aus. Eddy würde nachts fahren um dann Sergio die fehlende Münze zu präsentieren. Ich wählte die Drehscheibe meines Telefons und wählte die Nummer von Paloma. „Hallo“, säuselte eine Stimme, „bist du es? Schreiberling? Der Schreiberling den ich seit 40 Jahre suche?“ Ich schluckte, war ich doch an ihrem Schicksal beteiligt. Ich könnte nichts sagen. Paloma säuselte:“ Ich habe dich gefunden. Du brauchst nichts zu sagen. Ich rieche deinen Atem durch das Telefon. Hast du das Geld? Sergio wird uns alle töten. Morgen ist Karfreitag und die fehlende echte Münze ist noch nicht da. Was wirst du tun?“ Paloma hörte gar nicht mehr auf zu reden. Tränen liefen durch die Telefonleitung von Italien nach Bielefeld und feuchteten meinen Lottoschein, den ich zur letzten Rettung mit den Zahlen der Ehrlich Brothers gefüllt hatte. Paloma wollte zurück zu mir. Sie beichtete, Monica Daniels Tkachenko engagiert zu haben. Sergio sei ein fieser Lump. Aber gegen ein paar heiße Küsse würde damit einverstanden sein, wenn das Geld erst am Sonntagabend um 23.59 Uhr in seiner digitalen Wallet sind. Das war super. Ich versprach Paloma alles und könnte mir eine gute Flasche Rodschild. Im Lidl gab es Rodschild für 1.99 Euro. Ich dachte, ich mache einen Schnapper, übersah den Fake, dass TH und D vertauscht waren und anstatt eine 2000 Château Mouton-Rothschild bekam ich Balkan-Plürre. Es kesselte schon etwas. Dann meldete sich Eddy. Drama.

Die Münze war weg. Eddy wollte seine Pizza Napoli bar bezahlen, neben einigen Euronen, hatte er noch Lira aus der Jugendzeit und die Münze in seiner Radlerhose. Er legte alle Geldstücke auf den Tisch und die Kellnerin Mariella Martini nahm, was sie brauchte. Eddy konnte keinen Palermodialekt. Er freute sich über eine Creme Catalan und wunderte sich über die vielen kleinen Absacker, die er bekam. Aber beim Checken seiner Geldbörse merkte er, die Goldmünze für Sergio war weg. Weg, einfach weg. Hatte Mariella Martini die Münze? Eddy hatte noch 18 km bis zum Treffen mit Sergio. Tränen benetzten die Hebel seiner Bremszüge. Würde er jetzt auch geterrt und gefedert? Mariella Martini war in den Gassen des Vorortes verschwunden. Musste Eddy nun auch zum Dieb oder Mörder werden? Auf seinem Rennrad wurde er immer langsamer. Er musste seine bessere Hälfte, Ariadne anrufen. War Ariadne doch für etwas gut? Konnte sie ihn trösten oder helfen? Am Rande der Autostrada stand eine von diesen gelben Telefonhäuschen, die der Postminister Klaus Kinkel vor 25 Jahren nach Süditalien verkauft hatte. Diese gingen noch mit Lira. Eddy fütterte den Apparat mit den Lira, wählte die Bielefelder Nummer und wartete.
Ariadne war noch wach. Die letzte Streichschülerin war gerade gegangen. Vorher war sie ein wenig auf dem Peloton, weil trotz Osterwetter der Strom für die Feiertage nicht ausreichte. Morgen würde Sie noch einmal das Requiem fideln und dann das „Reisbällchen.de – Trikot“ aus Solidarität beim Weiterbau ihres Insektenhotels tragen. Ariadne hörte ihren Mann schluchzen. Dann aber holte sie tief Atem und beruhigte ihren Mann. Folgendes hatte sich zugetragen. Eddy hatte die erste Etappe von Bielefeld nach Palermo ja in Paderborn unterbrochen, um das leckere Paderborner Pilgerbier zu trinken. Angestoßen hatte er mit dem Braumeister Abt Pius Flixbus. Als Pius Flixbus erfuhr, in welchem heiligen Auftrag Eddy unterwegs war, warnte er den Bielefelder.
„Mit dieser Münze willst du über die Kasseler Berge fahren? Da ist die Heimat der Gebrüder Grimm, Heimat von Räubern, Hexen und Bösewichtern. Die werden dir die Münze klauen. Das ist gewiss! Schraube sie unter den Deckel deiner Fahrradklingel. Schneeweißchen hätte dir die Klingel bestimmt geklaut, weil sie so gut klingt. Aber mit der Münze scheppert die Klingel nur noch. Hast du das vergessen, lieber Ehemann?“ Eddy stürzte zu seinem Rad, schraubte die Klingel auf und tatsächlich. Da war sie. Eddy bereitete sich nun auf die Begegnung mit Sergio Feta vor.

