Sie spielte Cello. Dieser Song von Udo Lindenberg ist ein Klassiker des deutschen Kulturgutes geworden. Spätestens nach der Unplugged – Version wissen wir, dass sie in Erfurt wohnt und das Instrument im Keller steht. Eine Streichwurst, nein, ein Violoncello steht auch in unserer Nachbarschaft. Ariadne spielt es. Sie ist im Ensemble des Bielefelder Tanzboden-Spielkreises, welches zu gar lustigen Weisen und traurigen Greisen im bekannten königlichem Opernhaus fiedelt. Das Violoncello wird mit einem Bogen gestrichen. Im Gegensatz zur Violine und Bratsche hält die Cellistin das Instrument aufrecht (mit dem Hals nach oben- Hals nach unten wäre auch schwierig, wem der Luftzufuhr) zwischen den Beinen (daher auch: Stehgeige).
Es steht heute meist mit einem ausziehbaren Stachel auf dem Boden. Leider ist der Stachelrochen fast ausgestorben. Somit wird es bald keine Cellos oder Cellis geben. Bellis gibt es im Frühjahr recht viele, aber Cellis? Ach es heißt Celli. Ich vergaß Es war das Instrument des Jahres, wobei Udo Lindenberg durch sein Liedchen mitgeholfen hatte. Das schrieb ich in Wikipedia.
Als Ariadne jedoch ihre weißen Reisrispenhorthensien schneiden musste, weil die Solartechniker die Solarpanele endlich mal von Norden nach Süden ausrichten wollten – da scheint mehr Sonne.- geschah das Unglück. Ariadne säbelte sich in den Finger. Blut tropfte auch auf die weißen Reisrispenhorthensien und verfärbten die Blüten. Ariadne fiel nicht in einen hundertjährigen Schlaf und konnte nicht mit den Weisen aus dem bekannten Kinderstück von Hubertus Humpelschrein „Dornröschens Rache“ in das Himmelreich von Frau Holle einziehen, sondern es kam noch schlimmer!
Mit einem appen Finger kann man nicht streichen, vielleicht noch die Wände, aber kein Cello. Für die Nachmittagsvorstellung hatten sich die marzipaner Landfrauen aus dem schönen Lübeck angekündigt. Auf ihrer jährlichen Landfrauentour wollten sie den Weihnachtsmarkt in Bielefeld besuchen, dann bei Dr. Oetker Eierlikörschnittchen testen und später im Opernhaus ein Konzert mit Andre Rieu lauschen. Der Weihnachtsmarkt wurde bis in den April verlängert, weil pandemiemäßig der Charityglühwein noch nicht alle war und die Bielefelder Schulen dringen auf den Schlührschluckcent angewiesen sind. Ostwestfälische Bauerntänze und Hochzeitsreigen standen auf dem Programm und Ariadne sollte neben Andre Rieu stehen, ihn anhimmeln und streicheln, nein streichen. Das klappte nun nicht mehr. Ihre so geliebte Konkurrentin Iphigenie würde nun den Vortritt kriegen, in den Medien gefeiert und zum nächsten Musikantenstadl eingeladen werden. Unfassbar. Dabei war sie doch das Bielefelder Urgestein und nicht die Schnepfe, die aus Oer-Erkenschwick eingeflogen wurde, nur weil ihr Großvater Leonard Bernstein war, der in Bielefeld vor Jahrhunderten eine bekannte Gaststätte für die After-Showparty baute.

Was für ein gebrauchter Tag.
Zudem droht der Ausschluss aus der Künstlersozialkasse. Betrübt entschloss sie sich, die Zisterne zu säubern. Wohlwissend ob der Energielage und dem Bewusstsein eines ökologischen Handelns hatte Ariadne ein Brauchwasserbrunnen, der mit dem vielen ostwestfälischem Regen gefüllt war. Einmal im Jahr stieg sie hinab um zwei Stunden später algenbehangen wieder aufzutauchen. Voll verschleimt kam ihr eine Idee. Sie fragte beim Kapellmeister im Opernhaus nach, ob sie nicht in der Oper Rusalka von Dvosak mitspielen dürfe. Rusalka ist eine schleimige Teichschlampe, die im Moder lebt und einen echten Prinzen sucht.

Der Kapellmeister sagte zu Ariadne, dass sie mit ihren Algen gut ein Seerosenblatt spielen kann. Diese Rolle sei heute coronabedingt nicht besetzt. So endete der Tag doch noch einigermaßen erfolgreich. Als sie nach Hause kam, sagte sie zu ihrem Mann, dass er nun von seinem Peleton absteigen kann. Das ist ein Heimtrainer der Spitzenklasse. Ihr Mann saß dort schon seit acht Stunden schweißgebadet auf dem Bock, weil ja die Solarpanele Richtung Norden ausgerichtet waren und die Familie Strom brauchte. Strom kann man auch mit einem Heimtrainer erzeugen. Aber seit heute ist die Anlage nach Süden ausgerichtet. Hurra, Strom kommt von der Sonne. Endlich. Doch heute schneit es mal wieder. Ab auf das Peloton.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann strampeln sie noch heute.
